PRESSEMITTEILUNG, Historischer Beschluss der Gesundheitskommission der Parlamentarischen Versammlung des Europarates

Historischer Beschluss der Gesundheitskommission der Parlamentarischen Versammlung des Europarates

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Die Bürgerkommission für Menschenrechte (CCHR) begrüsst die historische Entscheidung der Kommission für soziale Angelegenheiten, Gesundheit und nachhaltige Entwicklung (SOC) der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE), die soeben einstimmig den Entwurf eines Zusatzprotokolls zur Oviedo-Konvention über unfreiwillige Massnahmen im Bereich der psychischen Gesundheit abgelehnt hat.

Der parlamentarische Ausschuss behält seine entschiedene Haltung bei und betont, dass die Versammlung bekräftigt, dass der Europarat „als wichtigste regionale Organisation zur Verteidigung der Menschenrechte den durch das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (CRPD) ausgelösten Paradigmenwechsel vollständig in seine Arbeit integrieren muss“.

Der Entwurf des Zusatzprotokolls zielte darauf ab, die Anwendung von Zwangsmassnahmen in der Psychiatrie zu regeln und zu legitimieren. Der Ausschuss, der die Stellungnahme für die Parlamentarische Versammlung des Europarates vorbereitet hat, bekräftigt nun eindeutig seine Ablehnung dieses Entwurfs und fordert die Abschaffung und nicht nur die Einschränkung der Anwendung von Zwangsmassnahmen in der Psychiatrie gemäss den internationalen Menschenrechtsstandards.

Laut PACE hätte dieses Protokoll „den Übergang zu einer menschenrechtsbasierten psychiatrischen Versorgung erschwert“ und damit riskiert, dass Zwangseinweisungen und Zwangsbehandlungen weiter gefestigt würden, anstatt freiwillige und gemeindenahe Alternativen zu fördern.

Einhaltung der Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (CRPD) und der Menschenwürde

In der verabschiedeten Stellungnahme wird daran erinnert, dass die PACE bereits in mehreren früheren Empfehlungen ihre Ablehnung des Protokollentwurfs zum Ausdruck gebracht und gefordert hatte, dass die gesamte Politik des Europarates in vollem Umfang mit der UN-Behindertenrechtskonvention und den Leitlinien der Menschenrechtsorgane der Vereinten Nationen im Einklang stehen muss.

Er betont, dass zivilgesellschaftliche Organisationen und mehrere Organe der Vereinten Nationen, darunter der Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, den Protokollentwurf entschieden ablehnen, da sie ihn für unvereinbar mit der von allen Mitgliedstaaten des Europarates ratifizierten UN-Behindertenrechtskonvention halten.

Grosse Koalitionen von Nichtregierungsorganisationen, darunter das Europäische Behindertenforum, Mental Health Europe, Inclusion Europe, ENUSP und andere Netzwerke, haben eine langwierige Kampagne (#WithdrawOviedo) geführt, um die Rücknahme dieses Textes zu erreichen, und dabei betont, dass er die Rechte von Menschen mit Behinderungen auf Freiheit, Selbstbestimmung und Gleichheit vor dem Gesetz verletzen würde.

Die zentrale Rolle der Zivilgesellschaft und der CCHR

Zahlreiche zivilgesellschaftliche Gruppen, darunter Behindertenverbände und Menschenrechtsorganisationen aus ganz Europa, haben sich mobilisiert, um die Parlamentarierinnen und Parlamentarier auf die Gefahren dieses Protokolls aufmerksam zu machen.

Diese Mobilisierung war ausschlaggebend dafür, dass der PACE-Ausschuss eine sehr klare Stellungnahme verabschiedete, in der er das Protokoll ablehnte und stattdessen eine alternative Empfehlung unterstützte, die auf der Achtung der Autonomie und der Beendigung von Zwangsmassnahmen im Bereich der psychischen Gesundheit basiert.

Auch CCHR Schweiz hat die Schweizer Parlamentarierinnen und Parlamentarier und die Schweizer Mitglieder des SOC-Ausschusses sensibilisiert. Sie hat ihnen unter anderem einen umfassenden Bericht über die Situation der sogenannt „Fürsorgerischen Unterbringungen“ (Zwangseinweisungen) und psychiatrischen Zwangsmassnahmen in der Schweiz vorgelegt. In der Schweiz werden täglich fast 100 Zwangsmassnahmen durchgeführt.

Nächster Schritt: Abstimmung im Plenum der PACE

Die vom Ausschuss für soziale Fragen, Gesundheit und nachhaltige Entwicklung verabschiedete Stellungnahme wird Ende Januar 2026 von der Parlamentarischen Versammlung im Plenum diskutiert und zur Abstimmung gestellt.

Angesichts der Klarheit der vertretenen Position – Ablehnung des Zusatzprotokolls und Forderung nach einer schrittweisen Abschaffung der Zwangsmassnahmen zugunsten der Autonomie und der Achtung der Menschenrechte – ist davon auszugehen, dass die Versammlung diese Ausrichtung in der Plenarsitzung während der Debatten und der Abstimmung bestätigen wird.

Standpunkt der CCHR

Für die CCHR stellt diese Entscheidung einen bedeutenden Fortschritt dar. Die Tatsache, dass der zuständige Ausschuss der PACE Zwangsmassnahmen in der Psychiatrie entschieden ablehnt und sich auf das Menschenrechtsprogramm der Vereinten Nationen im Bereich der psychischen Gesundheit ausrichtet, ist ein äusserst starkes Signal.

Der Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen der Vereinten Nationen fordert die Abschaffung von Zwangseinweisungen und Zwangsbehandlungen aufgrund einer Behinderung oder einer psychiatrischen Diagnose. Zusammen mit den verschiedenen Leitlinien der WHO und des Menschenrechtssystems der Vereinten Nationen ebnet diese Position den Weg für einen tiefgreifenden Wandel in der Politik im Bereich der psychischen Gesundheit in Europa, der auf der Achtung der Autonomie, der Zustimmung und der Würde jedes Einzelnen basiert.

In den kommenden Wochen wird CCHR ihre Sensibilisierungsarbeit bei den Mitgliedern der PACE und den Schweizer und europäischen Institutionen fortsetzen, damit dieser Sieg zur endgültigen Aufhebung des Zusatzprotokolls zum Übereinkommen von Oviedo und zu konkreten Reformen zur Beseitigung von Zwangsmassnahmen in der Psychiatrie führt.

Die Stellungnahme und die Pressemitteilung des Europarates sind hier verfügbar: LINK

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